Digitalisierung im HR

Ein Beitrag von Stefan Hürlimann, September 2021

Was ist heute die neue “Normalität”?

Der Megatrend der Digitalisierung hat auch im HR aufgrund von Covid-19 einen zusätzlichen Turbo-Beschleuniger bekommen. Homeoffice, virtuelle Meetings und Führen auf Distanz haben eine enorme Dynamik entwickelt. Im HR nimmt der Druck zur Automatisierung stark zu. Neue Kompetenzen sind in Zukunft gefragt. Testen Sie Ihren aktuellen Digitalisierungsstand mittels drei Kurz-Checks.

Die neue «Normalität» ist, dass viele Veranstaltungen, Trainings und Workshops oft online stattfinden: jeder Teilnehmende erhält z.B. einen Avatar (grafischer Stellvertreter), mittels welchem sich die Teilnehmenden frei im Raum bewegen können. Es bilden sich verschiedene Gruppen, die sich miteinander austauschen und vernetzen können. Ein weiterer Punkt sind flexible Arbeitsmodelle, die heute im Fokus stehen: Arbeiten und Kinderbetreuung sind einfacher zu koordinieren, sofern Arbeitgebende zeitliche Flexibilität anbieten. Block-Arbeitszeiten von 8 bis 17 Uhr sind veraltet, da viele E-Mails oder konzeptionelle Arbeiten auch ausserhalb dieser Zeit mittels Notebook-Zugang von zu Hause aus erledigt werden können. Womit wir bereits beim Stichwort «Homeoffice» sind: Ich kenne kaum eine Person, die ausschliesslich in den eigenen vier Wänden arbeiten will. Eine ausgewogene Mischung zwischen Anwesenheit im Büro mit Kontakt zu Kolleg*innen und dem ungestörten Arbeiten zu Hause muss sichergestellt werden. Die hybride Arbeitsform von Büro und Homeoffice ist die neue Normalität.

Was ändert sich im HR?

Talent Acquisition – Rekrutierung: Roboter und Auto-Match

Beginnen wir beim Bewerbungsprozess: Bei vielen Firmen ist der ganze Prozess durch Uploadmöglichkeit von Formularen und Dokumenten automatisiert. Aufgrund von Filterfragen in Bewerbersystemen, automatisierten Abgleichen von Jobs und Profi len in Business-Netzwerken wie LinkedIn oder CV-Scannings von Robotern werden enorme Automatisierungspotenziale ermöglicht. Was sind dabei mögliche Risiken oder Gefahren? Viele Bewerbende finden es schwierig, wenn man nie persönlichen Kontakt zur neuen Organisation und zu deren Mitarbeitenden hat. Stellenanwärter*innen haben das Gefühl, dass sich niemand persönlich für sie interessiert und dass bloss eine Maschine respektive ein Roboter sie beurteilt und aussortiert.

Talent Development – Training – Personalentwicklung: Gamification

Hier ist der Megatrend die «Gamification ». Komplexe Assessments oder Development Center können online spielerisch durchgeführt werden. Assessments werden in Form eines Online-Games gestaltet: Beispielsweise kann man für die Vorselektion der Vakanz «Junior Consultant » – in einem spannenden, mehrstündigen Game verpackt – anspruchsvolle Kompetenzen wie vernetztes oder unternehmerisches Denken zielsicher testen. Grundsätzlich kann fast alles «gamifiziert» werden. Angefangen bei Weiterbildungen – in der Fliegerei bereits verbreitet mit dem Simulatortraining – oder Safety- Kursen (z.B. für Chemie-Labors). Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt.

Welche Kompetenzen braucht es in der Zukunft?

Mit der Digitalisierung entstehen einerseits neue Werte und Innovationen, welche in die Unternehmen und Organisationen einfliessen. Andererseits werden bewährte Einstellungen und Kompetenzen hinfällig, und Mitarbeitende und Führungskräfte müssen sich neuen Herausforderungen stellen. Aktuelle Studien* bezüglich Einfluss der Digitalisierung auf die Führung zeigen, dass folgende Leadership-Kompetenzen zukünftig im Vordergrund stehen:

  • Erhöhte Selbstverantwortung = Empowerment

  • Vernetztes und unternehmerisches Denken

  • Interdisziplinäre Zusammenarbeit

  • Kommunikation (da Mitarbeitende öfters allein arbeiten)

  • Konfliktfähigkeit (mögliche Einsamkeit, Angst und Depression können die Konsensbereitschaft beeinträchtigen)

Die Berufsbilder ändern sich rasant.

Zwei Beispiele:

  1. In einer grossen Krankenkasse, die ich in diversen Future-Skills-Workshops begleiten durfte, hielt ein Regionaldirektor beim Kick-off fest, dass in den letzten fünf Jahren 50% der Kompetenzen geändert haben und dass in den nächsten fünf Jahren nochmals 50% andere Anforderungen dazukommen werden.

  2. Jedes zweite heute geborene Kind wird einen Beruf erlernen, den es heute noch gar nicht gibt; so schätzt dies eine Personalleiterin bei den SBB ein.

Flache Strukturen und neue Rollen im Personal

Das Business-Partner-Modell von Dave Ulrich hat mit der Digitalisierung und Corona zusätzlichen Schwung erhalten: Die grosse Mehrheit der Mitarbeitenden in Personalabteilungen entwickelt sich «vom Verwalter zum Gestalter»: weg von der Administration, hin zum Business-, Sparrings- und Change-Partner, der Führungskräfte bezüglich der Strategie beratend begleitet und coacht. Da innerhalb moderner, agiler Organisationen schneller und viel intensiver zusammengearbeitet werden muss, sind auch flachere Strukturen im Personal notwendig. Das Personalmarketing ist mit der operativen Personalberatung, dem HR-Monitoring und -Controlling oft in kurzen Stand-up- Meetings im Austausch.

Was heisst Digitalisierung nun für HR?

Aktuell ist der Stand in der Umsetzung der neuen Arbeitswelten sehr unterschiedlich. So steht auch die Personalentwicklung vor neuen Herausforderungen: Wie sollen Führungskräfte abgeholt werden und welche neu gefragten Kompetenzen werden wie vermittelt? In der Praxis zeigt sich, dass es mit einem «Espresso- Workshop» nicht getan ist. Ein gesamtheitliches Konzept mit Bezug zu Zielen, Mission, Strategie und Führungsgrundsätzen ist gefragt. Eine «agile Pflästerli-Politik» genügt in der neuen Arbeitswelt nicht mehr. Nachhaltige, systemische und massgeschneiderte Transformationen sind angesagt. Human Resources ist dabei ein zentraler, wichtiger und inspirierender Sparringspartner für das Management.



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Wie agile Transformation Widerstand überwindet