Wie agile Transformation Widerstand überwindet
Wandel ist die Voraussetzung für Erfolg, sagt der Harvard-Professor John P. Kotter in seinem Buch «Leading Change». Doch Veränderungen fallen schwer, besonders wenn bisher bewährte Pfade und lieb gewonnene Gewohnheiten aufgegeben werden müssen. Wird die Notwendigkeit und Dringlichkeit für Veränderungen ignoriert, kann dies zu schwerwiegenden Problemen führen. Wie lassen sich Mitarbeitende überzeugen, dass Transformation eine gute Sache ist und wie lassen sich Widerstände überwinden?
Veränderungen sind heute in Unternehmen und Organisationen allgegenwärtig. Die nächste Generation des Internets – die digitale Welt – wird neue, tiefgreifende Veränderungen mit sich bringen. «40 Prozent der Unternehmen werden die nächsten zehn Jahre nicht überleben», sagte vor Kurzem Cisco-Konzernchef John T. Chambers in einem NZZ-Interview. «So dramatisch wird es schon nicht kommen», denkt sich hier der eine oder andere sicherlich.
Es wird sich zeigen, ob die grundsätzliche Innovationsfreude in der Schweiz die Unternehmen antreibt, nicht nur Produkte und Dienstleistungen zu optimieren, sondern auch intern auf Unternehmenskulturen, Abläufe und Prozesse wirkt. Wer derzeit Experten zuhört, die über den Wandel der Arbeitswelt sprechen – zum Beispiel Ende Januar am Gottlieb Duttweiler Institut zum Thema «Die digitale Arbeitswelt – Fluch oder Segen?» gewinnt den Eindruck: Wer nicht bereit ist, ein Leben in einer instabilen, turbulenten, unkalkulierbaren Umwelt als Normalität zu begreifen und grundsätzlich flexibel und reaktionsschnell handelt, wird in der digitalen Wirtschaft das Nachsehen haben.
Wandel aktiv im HR mitgestalten
HR hat in dieser Situation die Chance, aktiv den Wandel mitzugestalten und Impulsgeber zu sein – sowohl in Richtung Management und Geschäftsleitung als auch in Richtung Mitarbeitende und von Fall zu Fall auch gegen aussen.
Management-Vordenker Dave Ulrich hat fünf Kernfähigkeiten definiert, die Unternehmen und Führungskräfte mitbringen müssen, um die Organisation fit für die Zukunft zu machen:
Strategisch gilt es, eine positive Vision der Unternehmensziele zu schaffen und die Menschen dann in diesen Veränderungsprozess einzubinden.
Sind für einen Change-Prozess Massnahmen definiert, gilt es, diese zeit- und budgetnah mit klaren Verantwortlichkeiten umzusetzen.
HR hat die Aufgabe, Rahmenbedingungen so mitzugestalten, dass sich Führungskräfte und Mitarbeiter kompetent und auf sinnvolle Art und Weise in bisherige und neue Aufgaben einbringen wollen (Talent Manager).
Es gilt auch, in die Nachwuchsförderung zu investieren, um die Nachfolge in der nächsten Generation zu sichern.
Führung hat eine Vorbildrolle, folgt mit hoher Motivation und Engagement den gemeinsamen Interessen und Überzeugungen und zeigt sich auch fehlertolerant bzw. wie man aus Niederlagen lernt und gestärkt daraus hervorgeht.
Bei allem guten Willen tendiert der Mensch allerdings dazu, ein «von Natur aus ein egozentrischer Energiesparer» zu sein, wie Change-Management-Experte Klaus Doppler es formuliert. Zentral ist das Bedürfnis nach Klarheit, Ordnung und Sicherheit. Ist dieses Bedürfnis erfüllt, dann geht es den Menschen gut. Alles was diese angenehme Lage zu verändern droht, wird als Zumutung erlebt – und zunächst einmal abgewehrt. Menschen versuchten, mit möglichst wenig Aufwand über die Runden zu kommen, so Doppler. Zwei Kräfte bewirkten, dass Mitarbeitende Dinge tun, die sie normalerweise nie tun würden: Motivation (Lust) und Angst.
«Mentalmassage» und Provokation?
Wer mit Menschen in den Dialog treten und sich mit ihnen verständigen will, muss sie zunächst einmal dort abholen, wo sie sind – also bei ihren inneren Überzeugungen und Annahmen. Es muss zusätzlich gelingen, dass Menschen ihren Anker lichten (also manche Überzeugung aufgeben), der sie an der alten Welt festhalten lässt, um zu neuen Ufern aufzubrechen und in eine Phase der agilen Transformation einzutreten. Klaus Doppler ist überzeugt: Ohne wertschätzende, kontinuierliche Kommunikation – als eine Art «Mentalmassage» geht es nicht. Reine Information sei zwar wichtig, aber häufig nicht ausreichend. Und manchmal seien auch gezielte Irritationen und Provokationen erforderlich, um Menschen aus ihrer Komfortzone herauszuholen.
Welche Zukunft wollen wir?
Wie bringt man nun als HR die relevanten Themen auf den Tisch und die Dingein Bewegung? Es gilt vor allem, Möglichkeiten und Gelegenheiten zu schaffen für Mitarbeitende und Management, sich mit der Situation des Unternehmens und seiner Zukunftsfähigkeit auseinanderzusetzen. Dabei sollten auch Probleme und Konflikte nicht verschwiegen, sondern als Anlass zum Lernen begriffen werden. Es gilt, Lust zur Mitgestaltung zu wecken und auch Wege zu finden, sich der vorhandenen Stärken bewusst zu werden.
Ob in der Krise oder im Aufschwung, das HR ist stets exponiert und involviert in Veränderungen innerhalb der Unternehmung bzw. Organisation. Gleichzeitig bleibt das HR selber von Veränderungen nicht verschont.
Die sachliche Lösung ist oft klar, die Umsetzung und die emotionale Ebene hingegen hinken hinterher. Die HR-Spezialisten können wichtige Beiträge zur Umsetzung leisten, werden aber häufig erst spät involviert. Hier setzt ein neues Seminar bei der ZGP zum Change Management an (siehe Kasten). Im Seminar lernen Teilnehmende, welches Erfolgsfaktoren und Stolpersteine von agilen Change-Prozessen sind und wie diese bei Widerständen gezielt beeinflusst werden können. Ausserdem setzen sich die Teilnehmenden mit ihrer Rolle im Change auseinander und erfahren, wie sich Geschäftsleitung und Führungskräfte wirksam einbinden lassen. Ziel ist es, Gründe und Konzepte von Widerstand zu verstehen, das Stakeholder-Management zu planen, zu steuern und umzusetzen, effektive Methoden und Instrumente zur ChangeBegleitung kennenzulernen und an einem eigenen Beispiel anzuwenden.